09. September 2021: Wie wachstumsstark die hiesige Digitalwirtschaft ist, zeigen auch die jüngst vermeldeten Finanzierungsrunden. So sammelte Atheneum, eine B2B-Technologie-Plattform, die unternehmerische Entscheidungsfindungen mit Zugang zu globaler Industrie-Expertise und Tiefenanalysen unterstützt, 150 Millionen US-Dollar ein. Das FinTech Taktile freute sich über 4,7 Millionen US-Dollar und Zeotap, eine Plattform zur Analyse von Kundendaten, konnte 11 Millionen US-Dollar für sich verbuchen. Die größte Finanzierungsrunde verzeichnete das E-Commerce-Unternehmen Berlin Brands Group, das sich eine Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung in Höhe von 700 Millionen US-Dollar sicherte.
Das Geld fließt weiter in die Hauptstadtregion und sorgt für Wachstumsschübe in der Digitalwirtschaft. Auch in Krisenzeiten hatte sich diese als äußerst robust bewiesen, wie sich in dem am Mittwoch veröffentlichten Halbjahres-Konjunkturbericht der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Berlin zeigt. Insbesondere im Health- und IKT-Sektor entstanden zahlreiche neue Jobs. Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien nahm die Beschäftigung mit 7,7 Prozent sogar deutlich stärker zu als im Bundesdurchschnitt (4,2 Prozent). Im laufenden Jahr rechnet die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um gut drei Prozent und sieht die Digitalwirtschaft als wichtigsten Treiber dieser Entwicklung. Das belegt auch das EY-Startup-Barometer, das für das erste Halbjahr 4,1 Milliarden Euro an frischem Kapital für Berliner Startups verbuchte. Aktuelle Finanzierungsrunden bestätigen diesen Trend.
So schaffte Atheneum trotz Coronakrise ein Wachstum von 45 Prozent im Jahr 2020 und setzt diese Entwicklung in 2021 fort. 500 Mitarbeiter*innen arbeiten heute in Berlin, München, London, Shanghai und New York für das 2010 gegründete Unternehmen. Mit seiner Machine-Learning-Lösung bietet Atheneum über eine Plattform Zugang zu weltweiter Industrie-Expertise und unterstützt mit Marktanalysen bei Expansionsplänen und der Entwicklung von Produktinnovationen. Mit dem frischen Geld will Atheneum nun auch die eigene Marktexpansion vorantreiben, seine KI- und Cloud-Technologien weiterentwickeln und in die Fachkräftegewinnung investieren.
Auch das FinTech Taktile will mit der Finanzspritze aus der Seed-Finanzierungsrunde sein Personal aufstocken. Derzeit arbeiten 15 Mitarbeiter*innen für das Unternehmen. Nun soll das Team vor allem im Bereich der Softwareentwicklung weiter ausgebaut werden – die wichtigste Basis für das Startup, dessen Geschäftsmodell auf Machine-Learning-Algorithmen beruht. 2020 gegründet bietet Taktile eine Plattform, die Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltungen ML-Modelle als Software-as-a-Service -Lösung zur Verfügung stellt. Diese können im jeweiligen Unternehmenskontext operationalisiert werden und so als Basis für unternehmerische Entscheidungen dienen. Zudem wird der Zugriff auf verschiedenste Datenquellen ermöglicht. Dabei gehören die Transparenz von automatischen Entscheidungen und deren Dokumentation ebenfalls zum Portfolio.
Zeotap konnte im Rahmen seiner Serie-C-Finanzierungsrunde Liberty Global Ventures erneut überzeugen und sammelte weitere 11 Millionen US-Dollar ein. Gegründet wurde das Unternehmen 2014 und hat sich heute zu einer sogenannten Customer Intelligence Platform (CIP) entwickelt. Über die Analyse von Kundendaten verschiedenster Quellen werden Erkenntnisse über das Kundenverhalten, die Präferenzen oder auch optimale Zielgruppen möglich – und das unter Einhaltung der geltenden Datenschutzrichtlinien. Nach einigen Millionenspritzen in den vergangenen Jahren (zuletzt rund 40 Millionen US-Dollar im Jahr 2020) flossen insgesamt bereits 90 Millionen Dollar in das Berliner Digitalunternehmen.
Den größten Deal der Runde schloss die Berlin Brands Group (BBG) ab, die bereits 2005 gegründet wurde. Mit Bain-Capital holte sich der Onlinehändler einen finanzstarken Partner an die Seite, der einen 40-Prozent-Anteil des Unternehmens übernimmt und für eine Milliardenbewertung sorgte. Damit wurde die Berlin Brands Group zum jüngsten europäischen Einhorn. Gleichzeitig sicherte sich BBG eine Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung in Höhe von 700 Millionen Dollar für das weitere Wachstum. Mit dem Geld soll die E-Commerce-Plattform logistisch und operativ weiter ausgebaut werden sowie der Aufkauf weiterer Marken erfolgen. Schon heute vereint das Unternehmen 34 Eigenmarken unter seinem Dach. Und die Einkaufstour weiterer attraktiver Marken soll fortgesetzt werden. Damit sagt BBG Amazon den Kampf an. Um auch die Logistik bewältigen zu können, soll zudem ein neues Versandzentrum entstehen.