Das Generationenthema bewegt die HR-Abteilungen der Unternehmen, ist es doch eng verknüpft mit der riesigen Herausforderung des zunehmenden Fachkräftemangels. Junge Talente für sich zu gewinnen, wird immer schwerer. Oft bleiben sie zudem nicht lange im Unternehmen, da schnelle Wechsel heute nahezu als Karrierevoraussetzung gelten. Hinzu kommt die scheidende Generation der Baby-Boomer, die nun nach und nach in Rente geht und neben der Arbeitskraft auch das jahrelang aufgebaute Wissen und die Expertise mitnimmt. Über Lösungsansätze für die Herausforderung Talent- und Wissensmanagement hat das Innovationsnetzwerk „HR Innovators“ der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg in einer digitalen Runde mit der Content Agentur Berlins Neue Kinder und dem Softwareanbieter Themis diskutiert.
Mythen im Personalmarketing
„Welches ist die zweitgrößte Suchmaschine nach Google?“, fragte Gründer Nicolai Scholl von der Agentur Berlins Neue Kinder die Personaler*innen-Runde, die sich gleich nach dem Frühstückskaffee zu diesem spannenden Austauschformat zugeschaltet hatte. Die Antwort: YouTube. „Und warum seit Ihr dort nicht?“, folgte sogleich. Ja, warum eigentlich nicht? Vielleicht weil vielen Personaler*innen die Nähe zu und Expertise in Social-Media-Kanälen wie beispielsweise TikTok fehlt. Aber genau dort tummelt sich eben eine junge Zielgruppe, die es beispielsweise für Ausbildungs- oder Studienthemen zu erreichen gilt.
Dies heißt nicht, bestehenden Content einfach in den digitalen Raum zu spülen. Nein, Inhalte müssen den jeweiligen Medien und Zielgruppen entsprechend aufgearbeitet werden. Dabei steht das bewegte Bild immer vor dem Text, denn es wird im Gegensatz zum geschriebenen Wort besser erinnert und weckt Emotionen. Für die Erstellung solcher Videoclips gibt es längst zahlreiche hilfreiche Tools und Dienstleister wie die Agentur Berlins Neue Kinder. Hier gilt also: mutig vorangehen und ausprobieren.
Weniger ist mehr
Es geht jedoch nicht darum, durch neue Inhalte und Kommunikationskanäle möglichst viele Bewerbungen zu generieren. Denn im Gegensatz zum allgemeinen Glauben steigt mit der Anzahl der Bewerbungen die Trefferquote nur minimal an. Wichtiger ist die richtige Passung, das „Perfect Match“. Am Ende möchte jedes Unternehmen ja die Mitarbeiter einstellen, die zum Unternehmen passen, sich mit ihren Arbeitsinhalten identifizieren, sich in der Arbeitsumgebung wohl fühlen und am Ende möglichst lange bleiben.
Personalmarketing ist keine Werbung
Oft schrecken Unternehmen auch vor der Nutzung neuer Kanäle oder Formate zurück, weil sie glauben, das alles auf dem Hochglanzniveau einer Werbung produziert werden muss. Doch das ist ein Trugschluss. „Konsumenten wissen, was sie von Werbung zu erwarten haben“, erläutert Scholl. „Jedoch erwarten Bewerber*innen im Personalmarketing im Gegensatz zu werblichen Inhalten Authentizität. Sie wollen nicht manipuliert werden.“ Längst haben Forschungen nachgewiesen, dass Bewerber*innen nahezu allergisch auf Recruiting-Kommunikation reagieren, die allzu sehr an Unternehmenswerbung erinnert. Hier gilt es bodenständig zu bleiben.
Werte zählen mehr als Fakten
Auch wenn man den jungen Generationen oft nachsagt, dass ihnen allgemeine gesellschaftliche Werte wichtiger sind als Gehalt oder ein Dienstwagen, sagt der Arbeitnehmermarkt etwas anderes. Noch immer zählen instrumentelle Merkmale, wie der Standort, das Gehalt, Arbeitszeiten- und orte, Karrieremöglichkeiten oder auch Mobilitätsangebote, mehr als symbolische Merkmale, wie beispielsweise das Image des Arbeitgebers, seine Seriosität oder Innovationsstärke. Erst wenn zwei Arbeitgeber exakt die gleichen instrumentellen Merkmale bieten, kommen symbolische Merkmale bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber zum Tragen. Denn am Ende muss von dem Gehalt eine Wohnung bezahlt werden, muss eine Arbeitszeit zur familiären Situation passen oder müssen Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden, die den eigenen Karrierevorstellungen entsprechen.
On- und Offboarding muss prozessualisiert sein
Sind neue Mitarbeiter*innen gefunden, heißt es, diesen schnell und unkompliziert das für die Ausübung der Tätigkeit notwendige Wissen zu vermitteln. Ein Wissensmanagement muss her. „Die hohe Fluktuation erhöht die Herausforderungen für HR-Abteilungen drastisch“, erklärt Teresa Baumann, Mitgründerin vom Softwareanbieter Themis. „Wissen muss also gut gemanaget werden und überall dort zur Verfügung stehen, wo es gebraucht wird. Wir können es uns nicht mehr leisten, 9,5 Stunden pro Woche mit der Suche nach Dokumenten zu vergeuden, was tatsächlich noch Stand der Dinge in deutschen Unternehmen ist.“
Auch beim Offboarding wird ein prozessualisiertes Wissensmanagement entscheidend, denn mit den Mitarbeitern gehen auch die Erfahrungswerte und die individuelle Expertise. Doch noch heute besteht Offboarding in den Unternehmen meist aus HR-Checklisten zu Geräteübergaben und Logins und maximal noch einem Exit-Gespräch, weiß Baumann. „Doch das ist kein Wissensmanagement!“
So rechnen zwar 51 Prozent der Unternehmen aktuell mit einer steigenden Fluktuation. Jedoch haben nur 8 Prozent die Position Wissensmanager:in und nur ein Drittel verfügt überhaupt über eine Art von formalisiertem Offboarding-Prozess. Doch warum ist das so, wenn doch die Auswirkungen eines fehlenden Wissenstransfers und die zunehmende Dringlichkeit angesichts des demografischen Wandels bekannt sind. „Fehlende Zeit, Tools und Strukturen werden als häufige Hinderungsgründe genannt“, erklärt Baumann.
Eine Lösung können digitale Tools zum formalisierten und einfachen Wissensmanagement bieten, die nicht nur das Erfassen der Inhalte unkompliziert ermöglichen, sondern mittels guter Verschlagwortung und Algorithmen auch die Auffindbarkeit des benötigten Wissens effizient gestalten. „Es gibt drei einfache Grundregeln, die zum Erfolg führen“, rät Baumann. „Wissen muss gesichert, geteilt und schnell wieder auffindbar gemacht werden.“ Eine Software as a Service Lösung wie Themis kann hier der notwendige digitale Helfer sein, der dafür sorgt, dass mit den Mitarbeitern nicht die Expertise geht.
Zum Format
Die „HR Innovators“ sind ein digitales Austauschformat für Personaler*innen und HR Startups der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, das sich digitalen Technologien und dem damit einhergehenden Wandel in der Personalarbeit widmet und diesen aus der Praxissicht heraus diskutiert.